Betriebsbedingte Kündigung
Grundsätzlich ist es Sache des Arbeitgebers, wie er seinen Betreib organisiert – er darf Organisationsmaßnahmen und Arbeitsplätze streichen. Dass ihm trotzdem so manche betriebsbedingte Kündigung misslingt, liegt an den diversen Fallstricken des Kündigungsschutzrechts.
1. Wann ist die betriebsbedingte Kündigung zulässig
Gilt allgemeiner Kündigungsschutz, ist eine betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung nur noch zulässig, wenn:
- dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu gleichen oder anderen Arbeitsbedingungen entgegenstehen
- der betroffene Arbeitnehmer von allen vergleichbaren Arbeitnehmern der sozial am wenigsten Schutzwürdige ist und
- eine umfassende (allerdings nur ausnahmsweise durchzuführende) Interessenabwägung nach ordnungsgemäßer Sozialauswahl nicht ausnahmsweise zu einem Überwiegen des Interesses des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an dessen Beendigung führt.
Weitere Rechtsanforderungen kommen hinzu.
2. Dringende betriebliche Erfordernisse
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (beispielsweise BAG vom 17. Juni 1999 – 2 AZR 456/98 – BAGE 92, 79) können sich die betrieblichen Erfordernisse für eine Kündigung aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen wie Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z. B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) ergeben.
Diese betrieblichen Erfordernisse müssen „dringend“ sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein. Im Kündigungsschutzprozess muss der Vortrag des Arbeitgebers erkennen lassen, ob das Bedürfnis an der Tätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers wegfällt (BAG vom 12. April 2002 – 2 AZR 256/01 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118).
Inner- und außerbetriebliche Umstände begründen nur dann ein dringendes betriebliches Erfordernis (§ 1 Abs. 2 KSchG) für eine Kündigung, wenn sie sich auch konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken. In der Regel entsteht das betriebliche Erfordernis nicht unmittelbar und allein durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktionsrückgang usw.), sondern aufgrund einer durch wirtschaftliche Entwicklungen oder fiskalische Überlegungen veranlassten Entscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung).
Im öffentlichen Dienst kann eine vergleichbare Entscheidung zum Beispiel darin liegen, dass in einem Haushaltsplan eine Stelle gestrichen oder aus einem Personalbedarfsplan der Wegfall einer Stelle ersichtlich wird. Die eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung sozial rechtfertigenden, einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehenden dringenden betrieblichen Erfordernisse (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG) setzen voraus, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entfallen ist. Dies kann auf einer unternehmerischen Entscheidung zur Umstrukturierung des gesamten oder von Teilen eines Betriebes oder einzelner Arbeitsplätze beruhen.
Zum Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers gehört grundsätzlich auch die Befugnis, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe erledigt werden soll (BAG vom 7. Mai 1998 – 2 AZR 536/97 – BAGE 88, 363; 17. Juni 1999 – 2 AZR 522/98 – BAGE 92, 61; Kühling AuR 2003, 92). Eine solche Unternehmerentscheidung unterliegt grundsätzlich nur einer Missbrauchskontrolle durch die Arbeitsgerichte.
Dennoch scheitern viele betriebsbedingte Kündigungen vor den Arbeitsgerichten an der Unternehmerentscheidung. Die Arbeitsgerichte prüfen: Ob und wann vor der Kündigung eine unternehmerische Entscheidung tatsächlich getroffen wurde. Ob die behauptete unternehmerische Entscheidung bei ihrer Umsetzung betrieblich tatsächlich dazu führt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfällt.
Es darf bei Umsetzung der Maßnahme nicht möglich sein, den Arbeitnehmer zu den bisherigen oder geänderten Arbeitsbedingungen weiter einzusetzen. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein (BAG vom 30. Mai 1985 – 2 AZR 321/84 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 24), die betrieblichen Erfordernisse für eine Kündigung können aber nur vorliegen, wenn die betriebliche Arbeitsmenge so zurückgeht, dass der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfällt und hierdurch die Beschäftigungsmöglichkeit auch des gekündigten betroffen ist. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitsgericht das Zustandekommen der Unternehmerentscheidung und die organisatorische Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit seiner Organisationsmaßnahme mit den erforderlichen Daten und Zahlen im Detail nachvollziehbar darstellen. Dies misslingt häufig, weil die Anforderungen unterschätzt werden.